Dienstag, 2. Juli 2013

11 Fragen - Interview



Ich wurde von Raik Thorstad eingeladen, mich einem blogübergreifenden Interview zu stellen. Raiks Fragen haben mich teilweise ganz schön ins Schwitzen gebracht ... Noch schlimmer war nur, mir eigene Fragen aus den Rippen schneiden zu müssen. ;)


Wie läuft das Ganze ab?

Als Dankeschön verlinken die eingeladenen Autoren den Tagger.
Die 11 gestellten Fragen werden beantwortet.
Man denkst sich selbst 11 neue Fragen aus und taggt fünf neue Blogger, die weniger als 200 Follower haben. 

Ich erlaube mir beim letzten Punkt eine kleine Abänderung, weil nicht alle Autoren und Autorinnen, denen ich gerne Fragen stellen möchte, über einen Blog verfügen, sondern manche eine eigene Homepage besitzen. Da aber keiner von ihnen ein Bestseller-Autor ist, gehe ich davon aus, dass auch diese Autoren gerne einige Besucher auf ihrer Homepage haben, die neugierig auf das Interview sind ...


Raiks Fragen an mich:

1. Wie stehst du zu Begriffen wie Wert und Nachhaltigkeit von Büchern in Bezug auf die heutige Zeit?

Puh, das ist eine schwere Frage, und das gleich zu Beginn! Wenn man in eine 0815-Buchhandlung geht, oder schlimmer noch, in eine Bahnhofsbuchhandlung, ist der Großteil der „Ware“ Popkornkino oder Kaugummi. Unterhaltungsliteratur, was an sich kein Problem darstellt. Nur habe ich den Eindruck, dass viel der verlegten Massenliteratur gewissen Modewellen angeglichen wird. In einem Jahr kräht kein Hahn mehr danach. Gleichzeitig werden viele sehr „eigene“ und eigensinnige Bücher herausgebracht, die ich in den Fluten von Neuerscheinungen vielleicht noch nicht einmal wahrnehme.

Klar kommen einem dann Fragen nach dem Wert und der Nachhaltigkeit, die die Vielzahl der Bücher haben. Und dann komme ich ganz schnell zu meinen eigenen Geschichten, die ja auch vornehmlich unterhalten wollen. Die Frage ist: Was bleibt? Verkaufszahlen? Leserkritiken? Ich weiß es nicht.

2. Wenn man dir gestatten würde, ein einzelnes Buch umzuschreiben, welches wäre das und warum? Wie würdest du dem Autor begründen, warum du in sein Werk eingegriffen hast?

Ich glaube, ich würde kein einziges Buch umschreiben wollen. Nicht wirklich. Ich habe das Schreiben tatsächlich mit Fanfiktion begonnen, allerdings nicht in der Absicht, das Buch „anders“ zu schreiben oder „besser“ enden zu lassen. Mit meiner Schreiberei habe ich mich einem Charakter angenähert, der im Buch sterben musste, mit dem ich als Leser aber zu wenig Zeit verbracht habe. Über den Großteil der Geschichte hält man ihn für den Bösewicht, nur um am Ende zu erkennen, dass seine Motive gute waren und er hinter einer emotionalen Mauer gelebt hat. Ich hatte das Gefühl, einen potenziellen Freund verloren zu haben. Also habe ich manche der Begebenheiten im Buch aus seiner Sicht geschildert und mir überlegt, wie er die Dinge wahrgenommen hat, was er gefühlt hat. Am Ende war das mehr therapeutisches Schreiben zur persönlichen Trauerbewältigung. *lach* Aber ich würde nie, niemals das Ende dieser Geschichte ändern. Es ist richtig so.

Nein, ich käme mir seltsam dabei vor, ein Buch umschreiben zu wollen. Seit ich selber schreibe, um so mehr. Durch viele Gespräche mit Lesern ist mir sehr klar geworden, dass die Bilder, die man im Leser weckt, nicht 1:1 die sind, die man selber beim Schreiben spürt. Außerdem nehmen alle Leser eine Geschichte leicht unterschiedlich wahr. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass eine Geschichte, gerade dadurch, dass wir sie im geschriebenen Wort scheinbar „fixiert“ allen Menschen zugänglich machen, vielfältig wird. Wie ein aufgespaltener Lichtstrahl. Als Leser „ändere“ ich eine Geschichte also schon beim Lesen, schlicht durch meine eigenen Gefühle und den Filter, durch den ich die Geschichte lese.

Aber den Ursprung, das vom Autor Geschriebene, zu ändern, käme mir grob vor. Alleine, weil ich so viel Respekt vor der Leistung des Autors habe. Und weil ich weiß, dass niemand, kein Leser der Welt, die ursprüngliche Geschichte so fühlt wie der Autor. Es käme mir vor, als griffe ich mir das Herz des Autors und würde es in seiner Brust herumdrehen, wenn ich seine Geschichte änderte. Und dazu habe ich kein Recht.

3. Kannst du dich erinnern, welches dein allererstes selbst gelesenes Buch war und bei welcher Gelegenheit du es gelesen hast?

Oh ja. *lach* Ich war bis zum Alter von elf, zwölf Jahren ein sehr lesefaules Kind. Ich habe mir lieber vorlesen lassen oder herumgeträumt. Dabei hat meine Mutter mir stets versucht, das Lesen näher zu bringen. Aber ich fand das viel zu anstrengend. Meine Rechtschreibung war dementsprechend mies, es bestand der Verdacht, dass ich Legastheniker sei, was sich aber nicht bewahrheitet hat. Ich erinnere mich an das erste Buch, durch das ich mich in mit zorniger Trotzigkeit gebissen habe: Robin Hood. Eine Seite pro Abend, später mehr. Ich habe gefühlte Ewigkeiten dafür gebraucht. Zum Ende des Buches hin wurde es aber besser. Die nächsten Sommerferien bin ich kaum noch von meinem „Lesehorst“ – ein Lager aus Decken und Kissen auf einem Kleiderschrank – hinuntergekommen.

4. Die meisten Autoren haben mehrere Ideen im Kopf oder sogar in Arbeit. Gibt es ein Projekt, an das du dich selbst bisher nicht heranwagst und wenn ja, warum? (Detailberichte sind nicht nötig. Nicht, dass euch einer die Idee klaut. ;))

Ja, da gibt es eine Geschichte, die ich gerne erzählen möchte, wenn ich mein aktuelles Projekt „Parallelwelt“ beendet habe. Aber sie ist ein Monster, glaube ich. Es reizt mich ungemein, die Geschichte zweier Männer zu erzählen, die sich in Chile in Zeiten der Militärdiktatur kennen lernen – und die auf unterschiedlichen Seiten stehen: der eine Mitglied der Marine, der andere im Untergrund aktiv. Ich finde die Spaltung der chilenischen Gesellschaft und die Narben, die die Zeit der Militärdiktatur hinterlassen haben, sehr spannend und auch bitter anzusehen. Gleichzeitig ist die traditionelle und katholisch geprägte chilenische Gesellschaft Homosexuellen gegenüber bis heute sehr ablehnend gegenüber eingestellt. Das Leben im Schrank und Alibi-Ehen sind nach wie vor sehr verbreitet. Wenn ich mich tatsächlich an dieses Monster von Geschichte heran wage, werde ich Jahre brauchen – alleine wegen der Recherche. Gut ist, dass es nach wie vor viele Zeitzeugen gibt, mit denen ich sprechen kann. Aber allein sich durch die spanischsprachige Literatur zum Thema zu arbeiten ... Himmel, hilf.

5. Bist du schon einmal in eine Situation geraten, in der du den Eindruck hattest, dass sich jemand an deinem geistigen Eigentum bedient hat und wie hast du darauf reagiert?

Nein, das ist mir zum Glück bisher nicht passiert. Ich wäre wohl recht geschockt, weil ich Abschreiben in jeder Form ziemlich daneben finde – ob sich das nun um wissenschaftliche Texte handelt oder um Werke der Fiktion.

6. Gibt es Orte, Länder, Regionen, die dich besonders inspirieren und welche sind das?

Oh ja, die gibt es! Mich reizen karge, schroffe und auch majestätische Landschaften. Chile steht mit seiner landschaftlichen Vielfalt da ganz vorne, aber ich fand auch Island, Norwegen, Schottland und Irland wunderbar. In Staub & Stolz habe ich einige dieser Landschaften eingeflochten.

7. Leser und Kritiker vergleichen gern den Stil eines Autoren mit dem anderer Schriftsteller. Siehst du für dich selbst Parallelen zu toten oder lebenden Schriftstellern?

Nein. Es gibt Autoren und Autorinnen, die ich aufrichtig bewundere. Jeanette Winterson für ihren Stil beispielsweise. Aber ich strebe ihnen nicht nach, oder entdecke zufällig Parallelen in meiner Art zu Schreiben. Ich suche auch nicht danach.

8. Bücher können Einfluss nehmen; egal zu welchen Themen. Gibt es Dinge, die du den Lesern offensiv oder auch eher subtil vermitteln möchtest?

Ich habe grundsätzlich keine politische oder gesellschaftliche Botschaft, die ich meinen Lesern vermitteln will. Ich schreibe in erster Linie Geschichten, die unterhalten wollen. Die Geschichte motiviert sich aus den Charakteren heraus, aus einer Situation, in der sie stecken. Ich nehme mir nicht vor, mit einer Geschichte beispielsweise für die rechtliche Gleichstellung von homosexuellen Paaren zu werben und webe den Plot darum herum. Aber natürlich kommen manche meiner Anschauungen ganz automatisch mit in den Plot oder werden thematisiert. Sollte ich mich tatsächlich an die Geschichte zur Zeit der chilenischen Militärdiktatur heranwagen, wäre dies im Hintergrund natürlich ein sehr politisches Buch.

9. Kurzgeschichten: Wie stehst du dazu? Ja, nein, vielleicht, kann ich nicht oder vielleicht ganz anders?

Ich schreibe sie sehr gern, lesen tue ich sie nicht sehr gerne. In beiden Fällen bin ich ziemlicher Egoist. Als Schreiberling geben mit Kurzgeschichten viel Freiheit. Ich kann gleich zur „Kür“ kommen und muss keine „Pflicht“ absolvieren. Ich mag es, spontan eine Szene zu beschreiben, einen Moment, der schimmert und der besonders ist, ohne Rahmenhandlung. Als Leser wiederum mag ich Wälzer, in die ich stunden- oder tagelang abtauchen kann.

10. Hat das Schreiben deine eigenen Lesegewohnheiten verändert und wenn ja, wie?

Ich lese weniger, leider. Weil ich mehr Zeit mit Schreiben verbringe. Außerdem habe ich über das Schreiben einige Kollegen kennen gelernt, deren Werke ich jetzt auch mit viel Vergnügen lese. Aber es ist nicht so, dass sich meine Vorlieben für bestimmte Genre durch mein Schreiben verändert haben. Vielleicht lese ich ein paar Geschichten mehr, in denen schwule Protagonisten vorkommen, aber prozentual gesehen ist das immer noch die Minderheit der Geschichten.

11. Zum Abschluss eine ganz einfache Frage: Was ist dein großer Traum in Sachen Schriftstellerei?

Gute Geschichten zu schreiben, die die Leser bewegen und die sie nicht vergessen. Um auf die erste Frage zurück zu kommen: Vielleicht ist das die „Nachhaltigkeit“ ... dass die Leser die Geschichte über Jahre nicht vergessen.





Nachdem ich mir nun einen abgebrochen habe, Raiks Fragen zu beantworten ;), möchte ich meine Fragen an folgende Autoren richten:

Levi Frost (könnte er sie in Ermangelung eines eigenen Blogs auch auf Facebook beantworten?),

1. Fangen wir einfach an: Seit wann schreibst Du und was hat Dich zum Schreiben gebracht?

2. Welche Deiner Geschichten ist Dir am nächsten und warum?

3. Bei John Irving sind es unter anderem Bären, starke Frauen und homoerotische Beziehungen, die als Motive immer wieder in seinen Geschichten auftauchen. Gibt es auch in Deinen Geschichten Themen oder Motive, die wiederkehren? Wenn ja, welche und warum?

4. Bist Du ein „Stiller Brüter“ oder ein Schreiberling, der seinen Plot in die Welt hinausträgt und mit vielen Menschen diskutieren muss?

5. Hat Dein eigenes Schreiben Deine Sicht auf die Werke anderer Autoren verändert? Wenn ja, wie?

6. Wie weit schaffst Du es, Dich von Deiner eigenen Geschichte „abzunabeln“, wenn sie fertig ist? Schaffst Du es beispielsweise, eine fertige Geschichte zu lesen, als sei sie von jemand anderem geschrieben worden? Oder anders gefragt:  Hört die Arbeit an den eigenen Geschichten für Dich je auf?

7. Welche Rolle spielt für Dich das Feedback Deiner Leser? Sehnst Du Kritiken herbei? Hast Du Angst davor?

8. Welches war das schönste Feedback, das Du je von einem Leser bekommen hast?

9. Wie beurteilst Du die Vernetzung mit anderen Autoren: Wertvoller Gedankenaustausch, Klüngelei oder am Ende gar Autoren-Hickhack?

10. Self-Publishing oder Publizieren beim Verlag: Was möchtest du lieber machen und warum?

11. Zum Abschluss ein klein wenig Kreativität, bitte! ;) ... In maximal 5 Sätzen: Was passiert zwischen den Buchdeckeln Deiner liebsten Geschichte, wenn das Buch geschlossen ist?



Ich wünsche Euch viel Spaß beim Beantworten meiner Fragen!

2 Kommentare:

  1. Hallo Dewi,

    ich habe deine Antworten sehr gern gelesen. Vielen Dank für deine Mühe! Insbesondere deine Ausführungen zu Punkt zwei haben mich sehr angesprochen.

    Herzliche Grüße, Rosha

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    1. Hey Rosha,

      es freut mich, dass Dir meine Antworten auf Raiks kniffeligen Fragen gefallen haben. Punkt zwei ... ja, die Frage war wie für mich gemacht. *zwinker*

      Viele Grüße zurück,
      Dewi

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